Seit November 2014 gibt es in Straubing die Sportarbeitsgemeinschaft „Inklusiver Rollstuhlsport“, die durch die Zusammenarbeit der Rollstuhlsportgruppe Schwarzach mit dem Sonderpädagogischen Förderzentrum und dem Ludwigsgymnasium in Straubing entstanden ist.
Ein großer Wunsch von Teilnehmern dieser Sportgruppe war es, an der eigenen Schule einen Projekttag Rollstuhlsport mit Klassenkameraden durchzuführen. So entstand die Idee, am Ludwigsgymnasium und am Sonderpädagogischen Förderzentrum das Projekt „Rollstuhlsport und Selbsterfahrung mit Rollstuhl“ anzubieten. Das Projekt umfasst zunächst drei Projekttage und wird vom VSV Straubing/Rollstuhlsportgruppe Schwarzach in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Kinder- und Jugendsport des Deutschen Rollstuhl-Sportverbandes www.rollikids.de durchgeführt.
Ziele des Projekts sind der Perspektivwechsel für Schüler und Lehrkräfte, wobei der Rollstuhl als pfiffiges Hilfsmittel und Sportgerät erfahren wird. Durch die Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung auf „Augenhöhe“ soll das Verständnis füreinander gesteigert werden. Des Weiteren geht es darum, mehr Sensibilität für Barrieren und Hindernisse in der Umwelt zu erwecken.
Die Patenschaft für das Projekt übernahm die Sparda-Bank Ostbayern. Christian Meier, Leiter der Straubinger Filiale, überreichte bei der Auftaktveranstaltung am Ludwigsgymnasium einen 500-Euro Scheck, um das Vorhaben finanziell abzusichern. Frau Ricarda Krawczak, stellvertretende Schulleitung des Ludwigsgymnasiums und die Klassenlehrerin Annalena Kistler, freuten sich gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern sowie den Projektinitiatoren über diese finanzielle Unterstützung.
Der erste Projekttag fand mit der Klasse 9a des Ludwigsgymnasiums statt. Klaus D. Herzog vom Deutschen Rollstuhl-Sportverband, selbst Rollstuhlfahrer und erfahrener Übungsleiter, führte die Schüler gemeinsam mit Tine Wilholm von der Rollstuhlsportgruppe Schwarzach durch den Projekttag.
Richard Kammermeier, der ein Schüler aus der Projektklasse sowie aktiver Rollstuhlsportler ist, stimmte mit einem kurzen PowerPoint-Vortrag seine Klassenkameraden auf die Thematik ein.
Im Praxisteil stand zunächst die Schulung von Fahrtechniken mit dem Rollstuhl auf dem Programm. Mit Begeisterung übten die Schüler verschiedene Techniken für das Vorwärts- und Rückwärtsfahren, das Bremsen sowie das Fahren von Kurven und Drehungen. In kleinen Übungs- und Spielformen fanden die Fahrtechniken dann auch gleich Anwendung. Eine spannende Herausforderung stellten die Übungen zum Kippeln dar. Das Ankippen des Rollstuhls ist eine wichtige Voraussetzung für das Überwinden von baulichen Barrieren, wie zum Beispiel Randsteine und kleine Stufen. Nur, wie geht das? Klaus D. Herzog lehrte die Schüler in kleinen Schritten das Kippeln sowie die richtige Hilfestellung beim Üben.
In einer weiteren Praxiseinheit wurde den Schülern das Ausprobieren einer Mannschaftssportart ermöglicht. Für die aktuelle Projektklasse wurde Rollstuhlbasketball ausgewählt. Ein Mitschüler spielt selbst Rollstuhlbasketball in seiner Vereinssportgruppe. Er wollte den Klassenkameraden „seinen Sport“ vorstellen. Mit großer Begeisterung und viel Einsatz spielten die Jugendlichen miteinander. Galt es doch, Rollstuhlfahrtechniken und Techniken des Basketballspiels gleichzeitig anzuwenden – nicht nur für den Anfänger eine große Herausforderung!
Während des Vormittags wurden in Gesprächsrunden immer wieder eigene Erfahrungen thematisiert. Auch bestand für die Schüler die Möglichkeit, Fragen an Klaus D. Herzog zu stellen und sich so aus erster Hand über das Leben und den Alltag mit Rollstuhl zu informieren.
So haben Schüler den Tag erlebt:
„Ich fand den heutigen Tag sehr interessant und informativ, da ich eine neue Perspektive vom Leben kennengelernt habe. Es besteht durchaus Wiederholungsbedarf.“
„Es war eine tolle Erfahrung: zumindest für ein paar Stunden in Richards Situation“.
„Jetzt kann ich die Barrieren für Rollstuhlfahrer besser nachvollziehen.“
„Ich finde, solche Veranstaltungen könnte man des Öfteren mal machen, da – auch wenn das für manche Leute komisch klingen mag – es viel Spaß gemacht hat!
Als ich meiner Mutter erzählt habe, dass wir Rollstuhl gefahren sind, schaute sie mich zuerst etwas verblüfft an und fragte mich anschließend, ob es mir Spaß gemacht hat – woraufhin ich das nur bestätigen konnte. Ich hoffe, wir machen in der Zukunft mehr Veranstaltungen dieser Art!“
Das Schulprojekt „Rollstuhlsport und Selbsterfahrung mit Rollstuhl“ wird in diesem Schuljahr zunächst an zwei Schulen in Straubing durchgeführt. Ziel ist es, das Projekt zukünftig auszubauen und für weitere Schulen anbieten zu können.
Text: Christine Wilholm
Fotos: Klaus D. Herzog